Ghostwriter überflüssig

Grüß Gott, liebe Christenmenschen,

ich habe ja von vorn herein gewußt‚ daß es nicht ganz leicht sein wird, als Maus bei Euch Gehör zu finden – auch wenn ich nicht ohne Stolz auf viele Generationen von Kirchenmaus-Vorfahren zurückblicke. Aber was ich jetzt immer wieder gerüchteweise höre, ist schon starker Tobak: da sind etliche unter Euch, die meinen, ich hätte einen menschlichen Ghostwriter nötig und ergeben sich in Spekulationen, wer das sein könnte. Der arme Redaktionsleiter, der mir freundlicherweise einen Platz in der Zeitung UNSERE KIRCHE einräumt, gerät natürlich als erster in Verdacht. Der eine oder andere Name wird noch gehandelt. Die am meisten verbreitete Theorie geht von einem Ghostwriter-Team aus. Und immer sind es Pfarrer, deren Schreibhilfe ich mich angeblich bediene. Auch irgendwie typisch, daß niemand auf die Idee kommt, ein ganz normaler Christenmensch könnte mit mir zusammenarbeiten!

Aber darum geht es gar nicht. Ich stehe vielmehr erschüttert vor der Tatsache, daß Ihr Eure Bibel nur höchst mangelhaft zu kennen scheint. Sonst wüßtet Ihr, daß unser Gott auch uns Tieren eine Sprache gegeben hat. Bloß Eure Menschenohren sind ein wenig dürftig ausgefallen. Offen gesagt, wenn wir mit Euren Stümperohren auskommen müßten, wären wir schon längst ausgestorben.

Aber manchmal fällt es unserem Gott, Euch die Ohren richtig auszuputzen, sodaß Ihr ausnahmsweise unsere Sprache verstehen könnt. Der gute Petrus hat seinen Hahn genau verstanden und der Noah seine Taube. Bileam hat beherzigt, was sein Esel ihm klar und deutlich zu sagen hatte. Und dann gibt es noch ganz besondere Christenmenschen‚ die hat der Schöpfer mit einem lebenslangen Gehör für die Sprache der Tiere und der Pflanzen und der Sonne gesegnet. Erinnert Euch an Franziskus oder an unseren guten Freund Albert Schweitzer.

Keiner von denen wäre auf die Idee gekommen, unsereinem einen menschlichen Hilfsredakteur unterzuschieben. Gerade weil wir Kirchenmäuse so hautnah mit Euch zusammenleben, unterstützen wir uneingeschränkt die Forderung der Tiere nach einem eigenen Rederecht in allen Lebensfragen. Das muß ich einmal so offiziell sagen, obwohl das sonst nicht meine Art ist. Auf menschliche Fürsprecher allein können wir uns nicht mehr verlassen. Dafür habt Ihr uns in der Vergangenheit zu viel angetan. Und eine zweite Arche Noah wird es nicht geben.

So, das mußte mal gesagt werden. Und jetzt habe ich diese Bitte: schenkt Euch die müßige Frage, ob ich mich menschlicher Hilfskräfte bediene und nehmt die Dinge mal so, wie sie sind. Gott redet zu Euch nicht nur durch Menschenmund. Oft zieht er vor, wie Ihr vielleicht sagen würdet, von „unten“ mit Euch zu sprechen‚ durch Eure Mitgeschöpfe, z.B. durch

Eure Kirchenmaus