Kleine Aufmerksamkeit zum Weltfrauentag

Fastenaktion 2013, 8. März

„Als Gott den Mann erschuf, hat sie noch geübt!“ Für mich bleibt das einer der muntersten Sätze aus weiblichem Mund zu den Themen Frauenpower und Frauenrechte. Dieser Adam ist laut Paradiesgeschichte ja wirklich ein ziemlich lebensuntüchtiger Typ, an der nagelneuen Welt bereits ziemlich verzweifelt; drauf und dran, sich von ihr abzuwenden, geschichtsunfähig sozusagen.

Der Schöpfer hat ein Einsehen. Aber der Mann als Rippchenspender? Für mich nicht das genialste unter den biblischen Gleichnisbildern. Doch wenn man fair bleibt und bei den biblischen Dichtern das Handicap eines festgefügten Weltbildes von Männerherrschaft in Rechnung stellt, immer noch sehr punktgenau: nur gleich und gleich kann sich daran machen, zur Familie Gottes auf Erden zu wachsen. Wir werden nicht ohne einander können. Und die Ausstattung mit den biologischen Botenstoffen der Liebe ist beileibe nicht das einzige und haltbarste Band, das uns verbinden wird.

Die kecke Einsortierung des Schöpfers in das irdische weibliche Geschlecht ist bei Licht besehen keine Affront gegen Kardinäle und Testosteron-Kings. Einstweilen nur eine flotte Parade gegen das wirklich recht unelegante, unbiologische, leicht tollpatschige Bild von der „Eva aus der Rippe“. Spielstand Eins zu Eins, wie es sich gehört!

Ließe sich der globale Interessenkonflikt zwischen Frauen und Männern insgesamt in derart gutmütigen Sprüchen bündeln, der heutige „Weltfrauentag“ wäre eine Klasse-Party, für beide. Aber selbst der winzige Ausschnitt der Wirklichkeit, dessen Augenzeuge ich gewesen bin, belehrt mich eines Schlimmeren.

Mitten in Deutschland habe ich junge Frauen aus Osteuropa getroffen, die mit höchster krimineller Energie zur Prostitution gezwungen worden sind. Überall auf Erden, wo herkömmliche bäuerliche und handwerkliche Ökonomien zusammenbrechen, müssen Frauen mit gefährlich frustrierten Männern zurecht kommen, zusätzlich zum täglichen Überlebenskampf. Kriege setzen das böseste Terrorpotential frei, das in Männern schlummert. Massen-Vergewaltigung als Waffe ist nicht nur eine irre Entgleisung. Ihre Zerstörungskraft ist längst von Kriegsspezialisten analysiert; eine billige soziale Massenvernichtungswaffe eben.

Bei alledem haben wir noch kein Wort verloren über die globale Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft: von der Tagelöhnerin auf dem Reisfeld, über die kastenlose Klofrau irgendwo in Südasiens Riesenstädten, die Näherin in einem feuergefährdeten Fabrikhochhaus ohne Notausgang, bis zur alleinerziehenden Teilzeit-Sachbearbeiterin in meiner Nachbarschaft.

Und auch goldene Käfige sind Gefängnisse: Bildung, Beruf, Partnerwahl, Ja oder Nein zur Schwangerschaft, tatsächliche Gleichheit vor dem Gesetz. In all diesen Lebenssituationen erleben Mädchen und Frauen in vieler Herren Länder ihre Unfreiheit, trotz materieller Grundsicherung.

Erdrückende Tatsachenbeweise! Was soll ich meiner Frau da zum „Weltfrauentag 2013“ schenken? Das Problem haben wir ja tatsächlich alle Jahre, östlich der Elbe. Am 8. März erwarten die Frauen die anerkennende Geste, die kleine Aufmerksamkeit. Eine der wenigen Sitten des DDR-Alltags, die bis heute lebendig geblieben sind. Ich finde sie sogar etwas gehaltvoller als diese rheinische Schlips-Schnibbelei an Weiberfastnacht. Also versucht der zugezogene Wessi, sich anzupassen.

Mein kleines Geschenk? Ein schlechtes Gewissen auf dem silbernen Tablett? Das Geschenk wäre wohlfeil, aber fahrlässig. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihre bisherige Lebenserfahrung. Oder meine Unterschrift unter den Kampfruf: „Alle Männer unterdrücken alle Frauen“? Unsinn! Die zornige Parole steht verletzten, abgekämpften Frauen nach vielen Enttäuschungen wahrscheinlich zu. Im Mund von Männern ist sie Anbiederung zum Nulltarif.

Besser, ich versuche es mit dem Gegenmodell zum Verhalten der in Verruf geratenen „drei Affen“: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen! Das Gegenmodell lautet: „sehen, urteilen, handeln.“ Es hat sich bewährt als das methodische kleine ABC jeglicher Menschenrechtsarbeit. Ich habe ja tatsächlich Geschlechtsgenossen, die sich diesen dämlichen Satz hinter den Spiegel stecken müssen: „Frauen sind auch Menschen!“ Je mächtiger solche Geschlechtsgenossen sind, umso gefährlicher wird es für die Frauen; umso wichtiger ist es, dass sie von Männern nicht Beifall, sondern Kontra bekommen.

Also, meine Liebste, für die nächste Zeit darfst Du damit rechnen, dass ich mir Mühe gebe, genauer hinzusehen, wenn es Frauen an ihr Rechte und an ihre Würde geht, dass ich das urteilende Wort auch außerhalb der eigenen vier Wände riskiere. Handeln lass uns am besten gemeinsam. Freilich, wie ich mich kenne, der nächsten Blackout kommt bestimmt.

So, sind Frauen nun die besseren, wenigstens die besser gelungenen Menschen? Muss ich darauf antworten? Auch Männer haben ihre Geheimnisse.

Über Harald Rohr

Ich bin Jahrgang 1940 und lebe als ev. Pfarrer i.R. in Niederndodeleben bei Magdeburg. Mehr über mich
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