„Keine Chicken schicken!“

Unsere ersten Hühner haben wir freigekauft. Der Eierfabrikant schüttelte etwas verständnislos den Kopf, als er die Junghennen aus den qualvoll engen Batteriekäfigen herausnahm. In unserem Vorstadtgarten dauerte es einige Zeit, bis sie sich trauten, ihren Auslauf in voller Länge und Breite zu nutzen. Sehr gefreut haben wir uns, als sie nach Hühnerart das erste Staubbad nahmen. Die Hühner zu schlachten war über die Jahre meine Sache. Auf dem Familientisch standen dann Hühnersuppe oder Frikasseé.

Heute, im Alter, sind wir auf den Supermarkt angewiesen. Dort geraten meine Vorliebe für Hühnerfleisch und mein Wissen über das sog. „Globale Huhn“ ziemlich in Konflikt. So ein überzüchtetes Masttier verteilt sich, einmal geschlachtet, inzwischen buchstäblich über den halben Erdball.

Gewinnträchtige Schenkel und Bruststücke landen in den Supermarkt-Truhen. Der Rest, Flügel, Füße, Innereien landen, billig billig, z.B. in Westafrika. Dort ruinieren sie die Existenz von einheimischen Züchterinnen und Züchtern, deren Familienbetriebe bisher die Nachfrage gedeckt haben. Die Schlachtreste bringen außerdem ganze Hochzeitsgesellschaften aufs Krankenlager, weil die Kühlkette natürlich nicht bis auf afrikanische Marktplätze reicht.

„Keine Chicken schicken“, lautet deshalb ein Hilferuf westafrikanischer Bürgerinitiativen nach Deutschland.

Was tun? Ich zügele meine Hähnchen-Lust inzwischen ein wenig. Dafür leisten wir uns einige Male im Jahr ein Bio-Hähnchen aus vertrauenswürdiger Quelle.

2008