Ostern zum Zweiten


Grüß Gott, liebe Christenmenschen‚

Irren ist nicht nur menschlich, sondern auch mauslich. Da dachte ich, ich hätte durch eigenes Nachdenken die Frage gelöst, warum die Kirchen Ostern viel leerer sind als Weihnachten. Ich war überzeugt, die Christenmenschen sind getreu der Ostergeschichte am Ostermorgen unterwegs, um die Osterbotschaft zu ihren Nachbarn und Bekannten zu tragen. So wie der Papst in Rom, nur eben zu Fuß, ohne Fernsehen. Statt dessen müssen sie ganz einfach im Bett gelegen haben.

Denn ich habe es genauso gemacht, wie letzte Woche angekündigt. Ich bin am Ostermorgen zu unseren Mäusenachbarn gelaufen, bis auf die andere Straßenseite. Ich wollte es machen wie die Christenmenschen. Aber die Straße war zu meiner Überraschung leer. Da habe ich sicherheitshalber noch in die Querstraße geschaut: absolute Sonntagmorgenleere. Keinerlei besondere Vorkommnisse. Niemand, der an den Haustüren Sturm geschellt hätte. Es hilft alles nichts. Ich stehe vor der ernüchternden Tatsache, daß die Osterbotschaft sehr viel weniger Christenmenschen vom Hocker reißt als die Weihnachtsgeschichte. Ein bißchen enttäuscht bin ich immer noch über diese Entdeckung. Aber ich fange an zu verstehen:

Ein neugeborenes Kind haben sie alle gerne. Ein Kind und große Freude – das paßt in den Herzen der meisten Christenmenschen zusammen. Das erinnert an die eigenen Kindertage und läßt auf die Zukunft hoffen. Da glauben sie gern, daß Gott es gut mit ihnen meint. Als 35-facher Vater weiß ich, wovon ich rede.

Mit Ostern ist das eine andere Sache. Da ist unser lieber Herr vorher jämmerlich am Kreuz gestorben. Und der Glaube der Jüngerinnen und Jünger war mausetot‚ um ausnahmsweise einen ziemlich häßlichen Ausdruck der Menschen zu gebrauchen. Wen die Menschen beerdigt haben oder wen unter uns die Katze gefressen hat, von dem ist eben nichts mehr zu erwarten. Und da kommen die Engel mit der Behauptung: „Er lebt!“ Also, ich kann inzwischen alle Menschen verstehen, die das am Ostermorgen nicht glauben mochten. So gesehen war bei uns beim Ostergottesdienst alles ganz normal. Die Leute, die wie die Jünger dachten, sind wahrscheinlich alle gleich zu Hause geblieben. Kann ich auch verstehen! Hoffentlich geht es ihnen genauso, wie damals den Jüngern. Zu denen ist Jesus persönlich gekommen, durch die verschlossene Tür. Wie es aussieht, muß Jesus tatsächlich persönlich kommen, damit es Ostern werden kann.

In diesem Sinne noch einmal „Frohe Ostern“ von

Eurer Kirchenmaus